Von Daten zu Deals: Eine Mission zur Optimierung des Handels

Von Daten zu Deals – Eine Mission zur Optimierung des Handels

AutorInnen:

  • Dr. Kai-Michael Schaper, Geschäftsführender Partner
  • Dr. Christian Koof, Associate Partner
  • Carolin Strunz, Strategy Consultant

In der sich ständig wandelnden Handelslandschaft ist es entscheidend, fundierte Entscheidungen auf Basis von Daten zu treffen. Unser neues Whitepaper „Von Daten zu Deals – Eine Mission zur Optimierung des Handels“ bietet eine umfassende Einführung in die Welt der Market Intelligence und zeigt, wie Handelsunternehmen durch den gezielten Einsatz von Daten Wettbewerbsvorteile erzielen können. Market Intelligence ist mehr als nur das Sammeln von Daten. Es geht darum, diese Daten zu analysieren und in wertvolle Erkenntnisse zu verwandeln, die strategische Entscheidungen unterstützen. In unserem Whitepaper erläutern wir die Bedeutung von Market Intelligence im modernen Handel und wie sie Unternehmen dabei hilft, nah am Markt zu bleiben und sich schnell an Veränderungen anzupassen.

Im deutschen Handel stehen Unternehmen vor zahlreichen Herausforderungen, von der Digitalisierung und dem E-Commerce bis hin zu veränderten Verbraucherpräferenzen und globalem Wettbewerb. Market Intelligence ermöglicht es, diese Herausforderungen zu meistern, indem sie tiefere Einblicke in Markttrends, Kundenverhalten und Wettbewerbsdynamiken liefert. Viele Handelsunternehmen kämpfen mit Transparenzdefiziten, die ihre Fähigkeit beeinträchtigen, effektiv auf den Wettbewerbsdruck zu reagieren. Unser Whitepaper beleuchtet die wesentlichen Probleme, die durch unzureichende Market Intelligence entstehen, und bietet Lösungen zur Überwindung dieser Hindernisse.

Wir führen Sie durch die Grundlagen der Market Intelligence und zeigen, wie Sie die richtigen Tools auswählen und implementieren. Von der Datenaggregation bis hin zur Analyse bietet unser Whitepaper praxisnahe Anleitungen und Best Practices. Diese umfassenden Anleitungen helfen Ihnen, die Daten effizient zu sammeln, zu verarbeiten und zu analysieren, um präzise und passende Entscheidungen zu treffen. Ein zentrales Element unserer Mission zur Optimierung des Handels ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). KI-gestützte Analysen ermöglichen es, komplexe Datenmengen effizient zu durchforsten und Muster zu erkennen, die menschliche Analysten möglicherweise übersehen würden. Diese Technologien bieten neue Wege, um Marktchancen zu identifizieren und gezielte Marketingstrategien zu entwickeln. KI hilft dabei, tiefere Einblicke in das Kundenverhalten zu gewinnen, Trends vorherzusagen und entsprechend zu reagieren, bevor es die Konkurrenz tut.

In unserem Whitepaper beleuchten wir von Horn & Company, wie Sie Market Intelligence mit Competitive, Marketing, Product und Business Intelligence integrieren können. Wir stellen unseren Prozess und unsere Vorgehensweise vor und bieten wertvolle Einblicke und praktische Ratschläge, wie Sie Market Intelligence effektiv nutzen, um sich als Handelsunternehmen weiter zu optimieren. Durch diese Integration können Handelsunternehmen eine ganzheitliche Sicht auf den Markt erlangen und ihre Strategien sowohl kurzfristig als auch langfristig anpassen.

Erfahren Sie mehr über die transformative Kraft der Market Intelligence und wie sie Ihnen helfen kann, sich in einem dynamischen Handelsumfeld erfolgreich zu behaupten. Laden Sie unser vollständiges Whitepaper „Von Daten zu Deals – Eine Mission zur Optimierung des Handels“ hier herunter:

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„Sales Soars statt Sales Sucks“ – Wie der Vertrieb treibt

„Sales Soars statt Sales Sucks“ – Wie der Vertrieb treibt

Autor:

  • Dr. Christian Koof, Associate Partner

Im Jahr 2016 sorgte eine ganze Ausgabe im Harvard Business Manager mit dem provokanten Titel „Sales Sucks“ für Aufsehen. Doch während einige vielleicht geneigt sind zuzustimmen, möchte ich hier eine Gegenstimme erheben und die unverzichtbare Rolle des Vertriebs hervorheben. Hand aufs Herz, ohne Vertrieb wäre unsere Wirtschaft nicht das, was sie heute ist.

Vertrieb ist das Herzstück jeder erfolgreichen Organisation. Es geht darum, Beziehungen aufzubauen, Bedürfnisse zu erkennen und Lösungen anzubieten. Vertrieb ist die Brücke zwischen Unternehmen und Kunden, und ohne diese Verbindung würde jedes Unternehmen ins Leere laufen.

Ein erfolgreicher Vertrieb ist nicht nur ein Segen für das Unternehmen selbst, sondern auch für die Kunden. Durch den B2C-Vertrieb erhalten Verbraucher Zugang zu Produkten und Dienstleistungen, die ihr Leben verbessern können. Durch den B2B-Vertrieb erhalten Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen, die ihre Effizienz steigern und Wettbewerbsvorteile verschaffen. Indem diese Geschäftsbeziehungen den Austausch von Innovationen und spezialisierten Dienstleistungen fördern, tragen sie dazu bei, dass Unternehmen sich weiterentwickeln und auf ihrem Markt führend bleiben können. Stellen Sie sich vor, wie viele großartige Innovationen nie das Licht der Welt erblicken würden, wenn es keine Vertriebsteams gäbe, die sie der Welt präsentieren.

Vertrieb oder Verkauf: Was darf es sein?

Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Vertrieb und Verkauf? Mein alter Aufsichtsratsvorsitzender verglich es einmal mit einer Bäckersfrau. Demnach lässt sich der Verkauf mit der Arbeit einer Bäckerin hinter der Theke vergleichen. Sie erfüllt die bestehende Nachfrage, wenn Kunden mit dem konkreten Bedürfnis nach Backwaren in den Laden kommen. Vertrieb hingegen ist komplett anders. Hier würde dieselbe Bäckerin mit einem Korb voll frischer Backwaren auf die Straße gehen und proaktiv auf potenzielle Kunden zugehen, um ihnen ihre Produkte anzubieten. Die Kunden kennen möglicherweise ihr Bedürfnis noch nicht, daher weckt die Bäckerin im Fall des Vertriebs die Nachfrage aktiv.

Es ist wichtig, diesen Unterschied zu verstehen, denn Vertrieb ist mehr als nur Umsatzgenerierung. Er ist eine Kunstform, die Fingerspitzengefühl erfordert. Die besten Vertriebsprofis sind nicht nur gute Redner, sondern auch exzellente Zuhörer. Sie verstehen die Bedürfnisse ihrer Kunden und können maßgeschneiderte Lösungen präsentieren, die einen echten Mehrwert bieten.

Darüber hinaus ist der Vertrieb eine treibende Kraft für Innovation und Wachstum. Durch den direkten Kontakt mit Kunden erhalten Vertriebsmitarbeiter wertvolles Feedback, das es Unternehmen ermöglicht, ihre Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich zu verbessern. Ohne diesen Input würden Unternehmen blind im Dunkeln agieren und das Risiko eingehen, an den Bedürfnissen des Marktes vorbeizuarbeiten. Dass gerade etwas nicht rund läuft, zeigt eine aktuelle Studie: 91% der B2B-Unternehmen gaben an, ihre Vertriebsziele im Jahr 2023 nicht erreicht zu haben. Das weist auf potenzielle Ineffizienzen oder Herausforderungen innerhalb der Vertriebsstrategien hin, die entscheidende Bereiche für Verbesserungen sein könnten.1

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass der Vertrieb die einzige organisatorische Einheit ist, die Geld reinbringt. Alle anderen Funktionen geben nur Geld aus. Während Marketing, Forschung und Entwicklung oder Verwaltung zweifellos wichtige Rollen spielen, sind sie in erster Linie kostenintensive Unternehmensbereiche. Der Vertrieb hingegen generiert direkte Einnahmen durch den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen.

Doch nicht alle Vertriebsteams sind gleich. Es gibt beträchtliche Unterschiede zwischen einer schlechten und einer exzellenten Sales Force. Es wird oft beobachtet, dass rund 80% aller Verkäufe erst nach mindestens fünf weiterführenden Gesprächen nach dem ersten Treffen erfolgreich abgeschlossen werden. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit von Beharrlichkeit und geplanten Nachfassaktionen im Rahmen des Vertriebsprozesses.

„Der, der Waden beißt, gewinnt den Auftrag“

Hier kommt die Arbeit von Horn & Company ins Spiel. Die renommierte Unternehmensberatung hat sich darauf spezialisiert, die Leistungsfähigkeit von Vertriebsteams zu steigern. Durch gezielte Performance Improvement-Programme können Unternehmen ihre Vertriebsprozesse optimieren, die Effektivität ihrer Vertriebsmitarbeiter verbessern und letztendlich ihre Umsätze steigern.

Abbildung 1: Die „Vertriebsrakete” zünden durch das Performance Improvement Programm

Das Leistungsportfolio von Horn & Company im Bereich „Competence Center Strategy & Customer Excellence“ ist umfangreich und darauf ausgerichtet, die Vertriebseffizienz und -leistung zu steigern. Das Portfolio zielt darauf ab, sowohl kurzfristige als auch langfristige EBIT-Wirkungen zu erzielen, indem es strategische, taktische und operative Maßnahmen in den Bereichen Vertrieb und Kundenmanagement integriert.

Die Beratungspraxis zeigt, dass diese Ressourcen und Potentiale oftmals nicht optimal genutzt werden. Im Vergleich zur internen Leistungserstellung oder zum zentralen Overhead, sind Unternehmen im Vertrieb deutlich zurückhaltender, was das Thema Produktivitätssteigerung angeht.  Dieses ungenutzte Potential resultiert aus einer Emotion, die sich erfahrungsgemäß als schlechter Ratgeber erweist:

Angst als Ratgeber

Die Furcht vor Umsatzrückgängen oder der Verringerung der Deckungsbeiträge, erstickt vielerorts alle Ansätze zur Produktivitätssteigerung im Vertrieb gleich im Ansatz.

Demzufolge wird Veränderungsdruck sehr spät wahrgenommen: Flach verlaufende Absätze, erodierende Produktmargen, zunehmende „for free“ Services, steigende Personalkosten und hohe Investitionen, werden schon seit Jahren beobachtet. Aber im Selbstverständnis eines z.B. Premiumanbieters mit hohem Servicelevel und der tiefsitzenden Angst vor Umsatzrückgängen, bleibt eine harte Gegensteuerung meistens aus.

Doch proaktiv zu handeln zahlt sich aus. Das zeigt die Projekterfahrung im Rahmen des „Sales Excellence“ Programms, bei dem Effizienzsteigerungen in den Vertriebsprozessen der zentrale Hebel für die Maximierung der aktiven Verkaufszeit darstellt und den Vertrieb so in die Lage versetzt, seinen eigentlichen Kernauftrag zu erfüllen: Geld reinzubringen.

Kurz gesagt, der Vertrieb ist das Lebenselixier jeder Organisation und ein entscheidender Motor für wirtschaftlichen Erfolg. Also lasst uns den Vertrieb nicht als lästige Pflicht betrachten, sondern als das, was er wirklich ist: eine Kunst, eine Wissenschaft und vor allem eine unverzichtbare Säule unserer Organisation.

Das Titelbild und dieser Text und wurden in Teilen mithilfe von Chat GPT erstellt.



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KI-Revolution im Handel: Traumgewinne oder Daten-Albtraum?

KI-Revolution im Handel: Traumgewinne oder Daten-Albtraum?

Autoren:

  • Dr. Kai-Michael Schaper, Geschäftsführender Partner
  • Dr. Christian Koof, Associate Partner
  • Matthias Will, Principal
  • Jan Witte, Principal

Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde und viele Unternehmen spüren den Druck, auf den schnell fahrenden Zug aufzuspringen. Dies gilt auch für den Handel, wo KI das Potenzial hat, die Margenoptimierung durch z.B. intelligente Abschriftenstrategien revolutionär zu verbessern. Doch bei aller Euphorie über die neuen technologischen Möglichkeiten, die Realität zeigt oft ein anderes Bild: Ohne klar definierte Anwendungsfälle und die notwendigen Voraussetzungen wird KI zur Geldverschwendung.

  1. Der wirkliche Mehrwert von KI: KI kann enorme Vorteile bieten, indem sie große Datenmengen analysiert, um präzisere Abschriften und Preisgestaltungen vorzunehmen oder die Bestände optimal zu managen. Allerdings ist KI kein Allheilmittel. Der spezifische Use-Case für KI, wie bei einem unserer Kundenprojekte zur „Optimierung der Abschriften“, zeigt, dass KI nur dann Mehrwert schafft, wenn sie zielgerichtet eingesetzt wird, um Umsatzpotenziale zu maximieren und Überbestände zu reduzieren. Dieser Mehrwert muss klar gegen die Investitions- und Betriebskosten abgewogen werden.
  2. Voraussetzungen für den Einsatz von KI: Die erfolgreiche Implementierung von KI erfordert robuste Daten und eine solide technologische Infrastruktur. Viele Händler verfügen noch nicht über die systematischen Datensammlungen oder die Infrastruktur, die notwendig sind, um KI effektiv zu nutzen. Ohne diese Grundlagen kann der Einsatz von KI nicht nur ineffektiv sein, sondern auch zu irreführenden Ergebnissen führen.
  3. Ungenutztes Potenzial vorhandener Daten: Bevor in KI investiert wird, sollten Händler die bereits vorhandenen Daten besser nutzen. Oft liegen hier ungenutzte Potenziale, die ohne teure KI-Investitionen erschlossen werden können. Einfache analytische Techniken können bereits deutliche Verbesserungen in den Abschriftenstrategien und absatzfördernde Entscheidungen ermöglichen. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel aus einem vergangenen Projekt.

Call to Action: Es ist entscheidend, dass Einzelhändler einen klaren Use-Case für KI entwickeln, bevor sie in diese Technologie investieren. Dies umfasst eine gründliche Bewertung der vorhandenen Daten, Infrastruktur und der spezifischen Geschäftsbedürfnisse. Nutzen Sie doch die Beratung von H&C, um ihr Potential zu ermitteln. Auch bietet das Förderprogramm „Intensivberatung Zukunft Handel 2030“ hierzu eine gute Gelegenheit zur Bewertung. Abbildung 2 umfasst mögliche KI Use-Cases für den Handel.

Zusammenfassend ist KI ein mächtiges Werkzeug, das jedoch eine fundierte Vorbereitung und eine klare strategische Ausrichtung erfordert, um Ihr Unternehmen zukunftssicher zu machen – mit oder ohne KI.


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ERP-Auswahl: Sechs Schritte zum Erfolg!

ERP-Auswahl: Sechs Schritte zum Erfolg!

Autoren:

  • Dr. Oliver Laitenberger, Geschäftsführender Partner
  • Dr. Christoph Seebach, Associate Partner
  • Dr. Philipp Herrmann, Partner
  • Dr. Morten Mikolajek, Manager

Anders als viele denken, ist die Entscheidung für ein neues ERP-System respektive eines Implementierungspartners keineswegs nur eine IT-Frage. Sie ist vielmehr eine hoch strategische und geschäftskritische Entscheidung. Ihr Unternehmen bindet sich über Jahre hinweg und ein spontaner Richtungswechsel ist normalerweise nicht möglich und wenn doch, dann nur mit hohen Kosten. Trial & Error ist hier keine Option. Der Schuss muss sitzen, um langfristig erfolgreich zu sein.

Nach außen hin versprechen Vertrieb oder die Presales Consultants der ERP-Lösungsanbieter alles, was als Anforderung gestellt wird – auch wenn sie wissen, dass sie diese Versprechen nicht immer halten. Nach innen sorgen silohafte Bereichs- oder Abteilungsstrukturen für unterschiedliche Interessenslagen bis hin zu regelrechten Grabenkämpfen und erschweren so die Entscheidungsfindung.

Die gute Nachricht ist: Mit der richtigen Strategie und einem strukturierten Auswahlverfahren können Sie sicherstellen, dass Ihre Entscheidung für ein ERP-System oder Implementierungspartner von Anfang an passt und langfristig zum Erfolg führt.

Vor diesem Hintergrund und den Erfahrungen aus unserer Beratungspraxis sind sechs Schritte für den Erfolg bei der ERP-Auswahl ausschlaggebend. Lesen sie mehr hierzu in unserem E-Paper.

P.S.: Die Schritte lassen sich auch bei einem Upgrade auf „S/4HANA“ oder „MS Business Central“ erfolgreich nutzen – versprochen!


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Zertifikate in der Kritik

Zertifikate in der Kritik

Autoren:

  • Dr. Alexander Otterpohl, Senior Associate
  • Dr. Michael Laske, Principal

Seit Beginn des Jahres ist der Zertifikate-Handel vermehrt Thema in der medialen Wirtschaftsberichterstattung. Treibende Kraft ist hierbei nicht etwa die beeindruckende Marktentwicklung seit 2023, sondern der Verbraucherschutz mit der Bafin als oberstem Interessenvertreter. Was ist passiert?

1. Die Entwicklung des Zertifikate-Marktes 2023/2024

Der Markt für Zertifikate in Deutschland erlebte im zurückliegenden Jahr 2023 einen Aufschwung, wie er die letzten Jahre nicht mehr gesehen wurde. Das Marktvolumen in Deutschland stieg innerhalb eines Jahres von 80 Milliarden Euro auf Stand heute knapp über 120 Milliarden Euro. Über zwei Drittel dieses Marktes wird dabei von nur vier Banken bedient:  LBBW, DekaBank, DZ Bank sowie Helaba. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken konnten hier mir ihrem breiten Vertriebsnetzwerk einen bedeutenden Umsatz erwirtschaften.          

Woran stört sich nun die Aufsicht? Die Antwort ist der Verbraucherschutz. Doch bevor wir diesbezüglich in die Tiefe gehen, werfen wir zuerst einen Blick auf die verschiedenen am Markt angebotenen Produktvarianten.

2. Kleine Zertifikate-Kunde

Die Welt der Zertifikate bzw. der strukturierten Wertpapiere ist groß – nicht nur nach Volumen, sondern auch nach Vielfalt.

Die verschiedenen Produktkategorien lassen sich primär in Anlagezertifikate und Hebelzertifikate unterteilen. Anlagezertifikate zielen auf das Nachzeichnen der Wertentwicklung eines nahezu beliebigen Basiswerts ab. Im Gegensatz dazu sind Hebelzertifikate derart ausgestaltet, dass sie eine überproportionale Entwicklung in Bezug auf den Basiswert ermöglichen. Dies gilt natürlich für positive als auch negative Entwicklungen.

Anlagezertifikate können in einem zweiten Schritt in solche mit und ohne bzw. teilweise vorhandenen Kapitalschutz unterteilt werden. Die erste Gruppe der Anlagezertifikate beinhaltet dabei die den Markt dominierende strukturierte Anleihe. Strukturierte Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, welche mit weiteren Zusatzbedingungen ausgestattet werden können. Werden die Zertifikate bis Endfälligkeit gehalten, so bieten sie in der Regel einen vollständigen Kapitalschutz. Ebenjene Zertifikate wurden im vergangenen Jahr verstärkt nachgefragt und stehen als einfaches Zinsprodukt in Konkurrenz zu festverzinsten Spareinlagen.

Ein bekanntes Beispiel für Zertifikate mit nicht vollständigem Kapitalschutz sind Discount-Zertifikate. Mit einem Discount-Zertifikat kann mit einem Abschlag, dem sogenannten Discount, in einen Basiswert investiert werden. Im Gegenzug ist der maximale Gewinn durch einen Cap begrenzt. Man hat dadurch die Möglichkeit sich im Vergleich zum Investment in den reinen Basiswert gegen fallende Kurse zum Teil abzusichern – aber nur dann, wenn der Kurs des Basiswerts über dem gewährten Discount liegt. Fällt der Kurs des Basiswerts weiter, sind allerdings größere Verluste möglich als durch Halten des Basiswertes selbst.

Optionsscheine sind Teil der Hebelzertifikate ohne den sogenannten Knock-Out. Durch Call- sowie Put-Optionsscheine kann man überproportional an steigenden bzw. fallenden Kursen partizipieren. Jedoch ist ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich, falls der Kurs des Basiswerts den Basispreis unterschreitet bzw. überschreitet. Eine weitere Ausprägung stellen Faktor-Optionsscheine bzw. Faktor-Zertifikate dar. Hierbei wird die prozentuale Wertentwicklung des Basiswertes mit einem Faktor multipliziert. Dies ermöglicht dem Kunden somit eine gehebelte Partizipation an Kursgewinnen und Verlusten. Allerdings weisen Faktor-Zertifikate eine komplexe Preisstruktur auf, da zusätzliche Finanzierungs- und Indexgebühren anfallen können, was zu einer fortlaufenden Wertminderung führt. Derartige Produkte eignen sich somit nur für sehr kurze Haltedauern. Im Gegensatz zu den beiden zuvor genannten Hebelprodukten weisen Knock-Out Produkte eine sogenannte Knock-Out Barriere auf, bei deren Erreichen das Zertifikat sofort wertlos wird und somit ein Totalverlust vorliegt.

3. Die Kritik der Aufsicht am Zertifikate-Boom

In der langanhaltenden Niedrigzinsphase wurden Zertifikate gerne als Renditebringer empfohlen. Mit der Zinswende würde man ein Abflauen des Zertifikatevolumens erwarten – aber das Gegenteil ist der Fall. Die zögerliche Weitergabe des gestiegene Einlagenzinses an die Kunden bei gleichzeitigem Ausbau des Zertifikateabsatzes ist der Ausgangspunkt der momentanen Kritik der Aufsicht. Die BaFin möchte daher nun prüfen, ob diese Entwicklung im Einklang mit den Interessen der VerbraucherInnen steht.

Dies ist nicht das erste Mal, dass sich die BaFin im Sinne des Verbraucherschutzes mit Zertifikaten beschäftigt hat: bereits 2020 wurde Kritik geäußert1. Auf Grund der aktuellen Kritik und einer neuen Dringlichkeit durch das stark gestiegene Volumen lohnt sich eine Analyse der Kritikpunkte der Aufsicht. Es lassen sich aus Sicht des Verbraucherschutzes vier Themenfelder für die Kritik an Zertifikate benennen.

Als erster von der BaFin ins Feld geführter Kritikpunkt wird die Einschränkung der Rechte der Halter von Zertifikaten genannt, vor allem im Vergleich mit anderen Wertpapieren wie beispielsweise Aktien. Als Halter eines Zertifikats hat man kein Recht am Basiswert selbst. Hinzu kommt, dass häufig ein einseitiges Kündigungsrecht seitens des Emittenten vorliegt. Gerade in schwierigen Marktphasen kann dies dazu führen, dass der Emittent eine Kündigung ausspricht und den Halter vor unvermeidbare Verluste stellt.

Zweitens, so wird bemängelt, existiere eine Vielzahl an verschiedensten Produkt- bzw. Marketingbezeichnungen, welche sich zudem je nach Emittenten unterscheiden. Mit Begriffen wie „BEST“, „mit Airbag“ oder „Smart“ suggerieren die Bezeichnungen Sicherheit oder Funktionalität, welche, nicht zwingend gegeben sein muss.  Dies erschwere es dem Verbraucher nicht nur Produkte verschiedener Anbieter miteinander zu vergleichen, sondern erzwinge auch eine genaue Analyse der rechtlichen Produktgestaltung. Als konkrete Beispiele werden genannt:

  • „Open-End“ aber mit stillem Kündigungsrecht des Emittenten. Beispielweise suggeriert die gängige Bezeichnung „Open-End“ den VerbraucherInnen, dass das Zertifikat keine feste Laufzeit besitzt. Vertraut man nun hierauf um gegebenenfalls aufgetretene Verluste durchzustehen, so übersieht man die Möglichkeit, dass der Emittent sein Kündigungsrecht ausüben kann. Gründe hierfür können aus Sicht des Emittenten eine zu geringe Rentabilität bezüglich des Hedgings oder des Market-Makings sein. Das Warten auf bessere Kurse ist somit abhängig von Dritten.
  • „Worst-of Basket“: Ein weiteres Beispiel für eine nicht direkt ersichtliche Produktstruktur stellen Zertifikate mit mehreren Basiswerten Die so entstehende Korb-Struktur vermittelt zunächst den Eindruck von Diversifikation und somit Risikostreuung bzw. Risikominderung. Allerdings kommt es auch hier auf die genaue Ausgestaltung an. In vielen Fällen entscheidet nämlich die schlechteste Wertentwicklung der im Korb enthaltenen Basiswerte über die Bewertung und Auszahlung des jeweiligen Zertifikats. Statt einer Risikostreuung findet sich vielmehr eine Risikokonzentration vor.

Dritter Kritikpunkt der Aufsicht sind versteckte bzw. nicht direkt ersichtliche Risiken. Dies muss vor dem Hintergrund verstanden werden, dass Zertifikate größtenteils an Privatkunden vertreiben werden. In Abgrenzung zu einem „Qualified Investor“, wie aus dem Institutionellen Anlegersegment oder bei Private Equity Investments bekannt, nimmt der Staat, in diesem Fall die BaFin, eine spezifische Schutzfunktion wahr. Instrumente dieses Verbraucherschutzes sind die Vorschriften zur Angemessenheit nach MiFiD II sowie Vorgaben zu einheitlichen, vergleichbaren Informationsdokumenten (Key Information Documents, KIDs). Diese leisten für Zertifikate wie für andere Anlageinstrumente wie etwa ETFs einen wichtigen Beitrag zu Transparenz und Vergleichbarkeit. Bei genauerer Betrachtung stellt man eine hohe Standardisierung im Ausweis der Kosten via TER (Total Expense Ratio) fest. Die Renditechancen werden via Szenarien dargestellt – nützliche Kennzahlen aus der Welt der ETFs wie Volatilität und Sharpe Ratio fehlen hingegen meistens. Auch das Liquiditätsrisiko sollte nicht unerwähnt bleiben: trotz prinzipieller Handelbarkeit existiert für viele Zertifikate kein liquider Sekundärmarkt, teilweise quotieren andere Handelsplätze direkt den Market Maker, welcher hohe Bid-Ask-Spreads stellen kann.

Im Vergleich zu klassischen Sparprodukten gibt es für Zertifikate keine Sicherungssysteme wie die Einlagensicherung. Gerade für unerfahrene Verbraucher, die den Umgang mit abgesicherten Finanzprodukte gewohnt sind, kann dies ein unerwartetes Risiko darstellen. Zumal im Falle von Zertifikaten das sogenannte Emittentenrisiko vorliegt, welches auch dann existiert, wenn das gehandelte Zertifikat einen vollständigen oder zumindest teilweisen Kapitalschutz für sich reklamiert (siehe Abschn. 2). Man muss als Kunde darauf vertrauen, dass die emittierende Bank ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen kann. Dies impliziert natürlicherweise, dass es für Zertifikate keine vollständige Rückzahlungsgarantie gibt.

Der letzte Kritikpunkt adressiert potentiell hohe Kosten für bestimmte Arten von Zertifikaten. Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Zunächst ist die Preisbildung durch das Market-Making des Emittenten selber hervorzuheben. Die Preise bzw. die Kurse der Zertifikate werden vom Emittenten auf Basis interner Preisbildungsmodelle gebildet und beruhen nicht auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Neben der Tatsache, dass die Preisstellung als auch der Handel selbst ausgesetzt werden können, bleibt dem Verbraucher nur auf eine effiziente Preisbildung zu vertrauen; der Markt regelt den Preis nur bedingt. Des Weiteren kommen speziell für komplexe Zertifikate verschiedene Preis- bzw. Finanzierungskomponenten hinzu, welche eine Preisverifikation durch den Verbraucher selbst weiter erschweren. Beispielsweise weisen Faktor-Zertifikate zusätzliche Finanzierungs- sowie Indexgebühren auf (siehe Abschn. 2).

4. Ausblick & mögliche Reaktionen

Generell gilt: Die Vorteile, die Zertifikate bieten, sind nicht „umsonst“ zu haben. So liegen einige der zuvor kritisierten beschränkten Rechte des Zertifikate-Halters in der grundsätzlichen Funktionsweise eines Zertifikates begründet. Zertifikate sind naturgemäß Derivate und ermöglichen dem Besitzer Zugang zu vielfältigen Eigenschaften. Ein direkter Besitz des Basiswertes ist damit jedoch nicht möglich und auch nicht vorgesehen. Auch das Emittentenrisiko ist nicht aus der Konstruktion eines Zertifikates herausnehmbar – wohl aber reduzierbar, z.B. durch Forderungen von Kapitalhinterlegung oder kollektive Sicherungssysteme. Natürlich wäre dies ein weiterer Kostenfaktor, der den geäußerten Kritikpunkt hoher Kosten weiter verschärfen könnte.

Ein Teil der weiteren erwähnten Kritikpunkte könnte zudem durch die Aufsicht selbst adressiert werden. So ließe sich die Handelbarkeit weiter ausbauen, indem die Aufsicht ein Verbot des Aussetzens des Handels durch den Emittenten erlässt. Des Weiteren könnte das Kündigungsrecht des Emittenten eingeschränkt bzw. weiteren Bedingungen unterstellt werden um VerbraucherInnen besser zu schützen.

Insbesondere die Kritik bezüglich unklarer Marketingbezeichnung könnte aber proaktiv von den Emittenten selbst angegangen werden. Transparente Produktbezeichnungen und eine entsprechend klare Kommunikation seitens des Emittenten dienen dem Verbraucherschutz und können zudem dabei unterstützten das Vertrauen von VerbraucherInnen in Zertifikate zu erhöhen.

Zusammenfassend zeigen jedoch die verschiedenen von der BaFin ins Feld geführten Kritikpunkte eines sehr deutlich: der Verbraucherschutz ist ein zentrales Thema, wenn es um den Vertrieb von Zertifikaten geht und muss entsprechend adressiert werden. Wir möchten an dieser Stelle keine Bewertung der momentanen Situation vornehmen und erwarten die Einschätzung der Bafin mit Spannung. Aber wie können sich Banken auf die Kritik der BaFin vorbereiten?

  • Kritik akzeptieren und antizipieren – Die Aufsicht wird ihre Meinung nicht ändern daher ist mit der Kritik umzugehen. Zudem sollten weitere potentielle Kritikpunkte frühestmöglich antizipiert werden
  • Der Aufsicht entgegenkommen – Schon jetzt kann man einen Teil der Kritikpunkte adressieren und den Verbraucherschutz stärken
  • Vorbereitet sein – Im Falle neuer Einschränkungen bzw. Vorgaben muss man einen Plan B haben

Aufbauend auf diesen drei Takeaways sollte der Vertrieb konsequent im Hinblick auf den Verbraucherschutz überprüft und im Zweifel ausgerichtet werden. Vor allem die genaue Art des Produktes als auch Kosten-/Risikostruktur kann dem Kunden transparent vermittelt werden.

Die hohe Volatilität der Märkte in den letzten Monaten verstärkt zudem den Handlungsdruck. Mehr Barrieren werden gerissen, mehr Knock-Outs getriggert, extreme Auszahlungsprofile nehmen tendenziell zu – und damit die Kritik an solchen Produkten, die zu hohen Verlusten auf Seiten des Verbrauchers führen. Daher: Transparenz lohnt sich! Sowohl für den auskömmlichen Umgang mit der Aufsicht, als auch für eine langfristig tragfähige Kundenbeziehung. Dies kann dazu beitragen ein so vielfältiges Finanzprodukt weiter im Markt zu etablieren und weitere Kunden für Zertifikate zu gewinnen.



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Generative KI in der sfO: Effizienz und Konsistenz neu definiert

Generative KI in der sfO: Effizienz und Konsistenz neu definiert

AutorInnen:

  • Jens Keller, Partner
  • Dr. Fabian Nick, Principal Data Science
  • Karsten Weinlein, Partner
  • Prof. Dr. Dietlind Zühlke, Principal

In unserer neuesten Veröffentlichung beleuchten wir die transformative Wirkung der Generativen KI auf die schriftlich fixierte Ordnung (sfO) in Banken. Diese innovative Technologie bietet die Möglichkeit, umfangreiche Dokumente und Prozessbeschreibungen effizient zu verwalten und konsistente sowie leicht zugängliche Informationen bereitzustellen. Durch den Einsatz von Generativer KI wird der Aktualisierungsaufwand minimiert und die Verständlichkeit der sfO erhöht.

Generative KI ermöglicht es, Informationen aus verschiedenen Quellen zu konsolidieren und sie in einem strukturierten und zentral zugänglichen Format bereitzustellen. Diese Technologie unterstützt nicht nur die Konsistenzprüfung der bestehenden sfO, sondern erleichtert auch die Integration neuer Prozesse und Anpassungen aufgrund regulatorischer Anforderungen. Unser Ansatz umfasst die technische Strukturierung von Informationen, die bedarfsgerechte Abrufbarkeit sowie die Unterstützung durch Experten zur Qualitätssicherung.

Ein wesentlicher Vorteil der Generativen KI ist die skalierbare Nutzung der sfO. Durch die Aufbereitung der Informationen in einer Wissensbasis und die Bereitstellung über einen Chatbot können Mitarbeitende gezielt und schnell auf relevante Informationen zugreifen, ohne lange suchen zu müssen. Dies fördert nicht nur die Effizienz, sondern auch die Akzeptanz der sfO bei den Mitarbeitenden.

Die Implementierung von Generativer KI in der sfO erfordert eine strategische Herangehensweise. Es gilt, technische und rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, um die Sicherheit und Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Unsere Erfahrung zeigt, dass ein schrittweiser Ansatz, beginnend mit kleinen Pilotprojekten, die besten Ergebnisse liefert. So können notwendige Voraussetzungen sukzessive geschaffen und die Technologie in bestehende Strukturen integriert werden.

Unsere Expertise bei Horn & Company unterstützt Banken dabei, die Vorteile der Generativen KI voll auszuschöpfen und ihre sfO zukunftssicher zu gestalten. Durch die Implementierung dieser Technologie schaffen wir eine benutzerfreundliche, konsistente und aktuelle Wissensbasis, die den Anforderungen moderner Banken gerecht wird.

Für weitere Informationen und individuelle Beratung stehen Ihnen unsere Experten Jens Keller, Dr. Fabian Nick, Karsten Weinlein und Prof. Dr. Dietlind Zühlke gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns und erfahren Sie, wie Generative KI Ihre Organisation revolutionieren kann.


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H&C Insurance Survey – Gewerbe

H&C Insurance Survey – Gewerbe

Autoren:

  • Moritz von Carlowitz, Partner
  • Dr. Philipp Wanger, Senior Associate
  • Jan-Luca Biester, Associate
  • Dr. Niklas Kühsel, Associate

Im Bereich der gewerblichen Versicherungen mangelt es im Vergleich zum Privatkundenbereich an Transparenz hinsichtlich der Kundenzufriedenheit und deren Einflussfaktoren. Horn & Company trägt mit der „Insurance Survey Gewerbe“ dazu bei, diesen Mangel zu beheben und liefert aufschlussreiche Erkenntnisse.

Es wird deutlich, dass vor allem bei den Themen Nachhaltigkeit und Kundenservice noch erheblicher Verbesserungsbedarf besteht, da die Kunden in diesen Bereichen am wenigsten zufrieden sind. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Wandel der Kommunikations- und Vertriebskanäle. Digitale Plattformen wie Apps, Online-Kundenportale und Vergleichsportale gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern die Art und Weise, wie Versicherungsprodukte abgeschlossen werden.

Die Ergebnisse der Umfrage bieten wertvolle Einblicke und helfen Versicherungsunternehmen, die Kundenzufriedenheit im gewerblichen Sektor zu verbessern und sich an die sich verändernden Marktbedingungen anzupassen.

Detaillierte Ergebnisse und weitere Informationen zur Umfrage sind in der Veröffentlichung von Horn & Company zu finden. Bei Fragen oder dem Wunsch nach individuellen Ergebnissen für Ihr Unternehmen stehen Ihnen unsere Experten zur Verfügung.


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Digitaler Produktpass – Kurz erklärt

Digitaler Produktpass – Kurz erklärt

Autorinnen:

  • Cosima Karmann, Manager
  • Dr. Larissa Asante, Senior Associate

Hintergrund

Vor kurzem wurde klar: Der Digitale Produktpass (DPP) kommt – aber wie? Am 23.04.2024 wurde der Vorschlag für die Ökodesign-Verordnung im europäischen Parlament angenommen. Was das genau bedeutet und in welchem (regulatorischen) Ausmaß für Unternehmen der Europäischen Union, das bleibt weiter abzuwarten. 

Doch, es bedeutet in jedem Fall eines: Europäische Unternehmen werden in sehr naher Zukunft weitreichende Details zu Produkten offenlegen müssen, um zur Kreislaufwirtschaft beizutragen und für eine klimafreundliche Wertschöpfung zu sorgen. Und das in Form eines DPP.

Wir haben uns damit beschäftigt, wie die Umsetzung des DPP gelingen kann und welche Erfolgsfaktoren sich heute bereits ableiten lassen. Lesen Sie nachfolgend, in welchen Dimensionen Sie Ihre Transformation planen sollten!

Zunächst “first things first”:
Was genau ist der Digitale Produktpass (DPP)?

Der digitale Produktpass (DPP) ist ein Datensatz, der Informationen zu den Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen des Produktes enthält [1]. Dieser Datensatz enthält Informationen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus, d.h. von der Rohstoffgewinnung über Design, Produktion und Nutzung bis zur Entsorgung oder Wiederverwendung, entlang der Wertschöpfungskette.

Ein Fokus ist dabei die Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten, sowie der Rezyklatanteil, die Energie- und Ressourceneffizienz, CO2-Emissionen, Wasser-, Boden- oder Luftverschmutzung, und die Herkunft der Materialien. Ziele des DPP sind mehr Transparenz für Konsumenten für eine bessere Kaufentscheidung, die Optimierung der Lieferkette (auch hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Kriterien), Unterstützung von Compliance durch ein einfacheres Einhalten gesetzlicher Vorschriften, und vor allen Dingen auch die Förderung von nachhaltigen Produkten und der Kreislaufwirtschaft.

Der DPP stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, birgt aber auch erhebliches Potenzial. Entscheidend dabei ist die Umsetzung. Im Folgenden beschreiben wir die, aus unserer Sicht, relevantesten vier Dimensionen: Regulatorik, Technologie, Prozesse & Strukturen und das Zusammenarbeitsmodell:

1. Regulatorik & Richtlinien

Zielgerichtete Umsetzung durch den DPP

Die Veröffentlichung der neuen Ökodesign-Verordnung (2023) im Rahmen des Europäischen Green Deals und der neuen Batterie-Verordnung (2020) sehen die Einführung von DPP zur Erhöhung der Transparenz produktbezogener Informationen entlang eines Produktlebenszyklus vor. Diese Informationstransparenz soll unter anderem zur besseren Kontrollierbarkeit der Einhaltung gesetzlicher Regulationen, zur besseren Planung und Umsetzung der Kreislaufführung (z. B. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder Recycling) von Produkten und Materialien und zur informierten Verbraucherentscheidung für den Kauf oder die Nutzung ökologisch nachhaltigerer Produkte beitragen. 

Nach Inkrafttreten der Ökodesign-Richtlinie (voraussichtlich Mitte 2024), wird die Europäische Kommission Produktregelungen zunächst für Möbel, Textilien und Schuhe, Eisen, Stahl, Aluminium, Reinigungsmittel und Chemikalien einführen. Für kleine und mittlere Unternehmen werden Übergangsfristen von 18 Monaten gelten. Nach der Batterie-Verordnung ist für alle neu in der EU auf den Markt gebrachten Transaktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien, die eine Kapazität von mehr als 2 kWh haben, ein digitaler Produktpass (“Batteriepass”) ab Februar 2027 gesetzlich vorgeschrieben. Weitere produktspezifische DPP werden hier folgen, wie die aktuell bekannte Zeitplanung zeigt [2]:

Der DPP vereinfacht die Umsetzung weiterer ESG-relevanter Regulatorik im Unternehmen. Beispielsweise können Datenerhebungen für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)-Berichtspflicht zu Klimawandel (gilt auch für CBAM zu Treibhausgasemissionen,), Umweltverschmutzungen und Kreislaufwirtschaft durch den DPP verbessert werden.

Weiter können Angaben zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette optimiert werden, die sich bspw. auf gesetzliche Vorgaben der CSRD, dem Lieferkettengesetz (LkSG) bzw. der erweiterten europäischen Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) beziehen [3]. Auch das Einhalten von spezifischen europäischen Verordnungen wie Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (REACH) und Restriction of Hazardous Substances (RoHs), sowie Kreislaufgesetzen, wird durch höhere Transparenz zu relevanten Daten mit Hilfe des DPP erleichtert.

2. Technologieeinsatz

DPP kombiniert mit Blockchain schafft mehr Vertrauen und Ausfallsicherheit, und das Wertschöpfungsketten-übergreifend

In den vergangenen Jahren wurde bereits ein unabhängiger Standard, “ECLASS”, etabliert [4]. Dieser setzt Standards für den digitalen Austausch von Produktstammdaten über verschiedene Branchen, Länder, Sprachen und Organisationen. Produkte und Dienstleistungen werden klassifiziert und eine globale und effiziente Interaktion zwischen Handelspartnern, Unternehmen oder sogar Maschinen durch den Austausch standardisierter Stammdaten ermöglicht. Damit werden heute bereits Herausforderungen adressiert, bspw. die Harmonisierung verschiedener Terminologien oder Artikelnummern an den Schnittstellen. 

Weitere Potenziale für die zukünftige Abbildung relevanter DPP Informationen und einem Vorgehensmodell werden mit Blockchain gesehen [5]:

  • Transparenz: Die Bündelung der Daten auf der Blockchain ermöglicht es, autorisierten Teilnehmern (Zugriffsrechte können individuell bestimmt werden) relevante Informationen bereitzustellen und Missverständnisse auszuschließen.
  • Demokratische Zusammenarbeit: Durch Dezentralität können die Blockchain-Teilnehmenden miteinander interagieren, ohne dass es einer zentralen Autorität bedarf und dass persönliche Informationen bereitgestellt werden.
  • Ausfallsicherheit: Im Vergleich zu einer zentralen Datenbank, in der nur ein Teilnehmer Produktdaten und -Informationen sicherstellt, werden diese auf der Blockchain vollständig im Netzwerk verteilt. Somit kann es auch im Falle eines Serverausfalls zu keinen Ausfallzeiten für die Datenverfügbarkeit kommen.
  • Unveränderbarkeit: Inhalte der Blockchain können nicht wieder gelöscht werden, womit jeder Urheber jederzeit identifizierbar ist. Das wiederum schafft Sicherheit für alle Teilnehmer.
  • Vereinfachte Datenkommunikation: Durch die Dezentralität wird eine Datenteilung entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Produktes vorgenommen. Zusätzlich erfolgt eine für alle involvierten Akteure bzw. Systeme transparente Kommunikation mit der Blockchain als zentrales Bindeglied.
  • Nachhaltigkeit: Durch die Bereitstellung von passgenauen und verifizierbaren Produktinformationen können Maßnahmen für die Kreislaufwirtschaft (bspw. EU-Richtlinien) zielgerichtet umgesetzt werden. Weitere Daten können für die Berichterstattung genutzt werden: Realisierung neuer Kosten- und Bezahlmodelle, bspw. in Bezug auf Mengen-/Materialbedarfe, da eine exakte Bedarfsplanung und Verrechnung entlang der Wertschöpfungskette erfolgen kann.

Darüber hinaus gibt es einige Anbieter, die sich mit den Herausforderungen für eine Umsetzung des DPP mit Blockchain beschäftigen, wie bspw. Verfügbarkeit von Informationen, einheitliche Datenformate, sowie standardisierte Schnittstellen zur Überführung von Daten aus ERP Systemen in die Blockchain.

3. Strukturen & Prozesse

Ganzheitliche Betrachtung und frühzeitige Einbindung relevanter Fachbereiche für einen erfolgreichen Start in die Transformation

Für die Ausgestaltung innerhalb von Unternehmen gibt es einige Implikationen auf die bestehenden Prozesse bzw. Strukturen im Produktherstellungsprozess mit dem DPP: 

  • Daten- und Informationsverfügbarkeit: Für die Umsetzung eines DPP für ein bestimmtes Produkt bzw. Dienstleistung, als auch für ganze Produktgruppen ist es essentiell, den Produktlebenszyklus transparent und nachvollziehbar darstellen zu können. Hiermit entstehen nicht nur Abhängigkeiten zu internen, sondern auch externen Akteuren der Wertschöpfungskette außerhalb des Unternehmens, bei denen entsprechende Daten erhoben werden müssen. Der Umfang unterscheidet sich hier stark nach Produkt und Anwendungsfall (kurzlebige vs. komplexe Produkte).
  • Design zirkulärer E2E-Prozesse: Für die Gestaltung eines DPP verändern sich Bedarfe an bspw. Berichterstattung, Qualitätsprüfung/ Monitoring, Wissensaufbau etc. Damit bedarf es in vielen Fällen einer (Neu-)Strukturierung bestehender Prozesse (Produkt Lifecycle Management), unter Berücksichtigung weiterer vor- und nachgelagerter Akteure der Wertschöpfungskette.
  • Verantwortlichkeiten und Zugangsberechtigungen: Bei Einführung des DPP wird es für das Teilen von Produkt-relevanten (und heute oftmals noch Firmen-internen) Informationen sehr wichtig, limitierte Zugangsrechte zu bestimmen anhand von Lese- und Schreibrechten. Insbesondere für die Umsetzung mit Blockchain wird dies ein wesentlicher Faktor sein. Weiter sollte die Bereitstellung von Daten verpflichtend in die Aufgaben von verantwortlichen Bereichen aufgenommen werden.

Weitere prozessuale und strukturelle Auswirkungen variieren je nach Unternehmen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich hier Vorstudien bspw. zur Feststellung von relevanten Bereichen, Schnittstellen und Kommunikationspartnern bewährt haben.

4. Zusammenarbeitsmodell

Kooperation innerhalb und außerhalb des Unternehmens fördern und Handlungsbedarf über TOM-Analyse ableiten

Entlang der Wertschöpfungskette wird es mit dem DPP immer relevanter, nicht nur Daten-seitig für mehr Transparenz zu sorgen, sondern auch das bisherige Zusammenarbeits- und Kommunikationsmodell anzupassen. Durch den DPP entstehen neue Möglichkeiten des Branchen-, Standort-, und Technologie-übergreifenden Austausches:

  • Branchenübergreifende Kooperation: Die Entwicklung eines DPP erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Lieferanten, Nutzern, Recyclern und Logistikdienstleistern. Auch Industrieverbände spielen eine wichtige Rolle dabei, gemeinsame Standards und Protokolle zu etablieren, um sicherzustellen, dass die Informationen konsistent und über verschiedene Sektoren hinweg vergleichbar sind. Weiter können NGOs und Forschungsinstitute essentielle Informationen bspw. zu Umweltverschmutzungen liefern.
  • Technologische Integration: Informationstechnologie- und Softwareunternehmen sind entscheidend für die Entwicklung der erforderlichen digitalen Infrastruktur, die die Datensammlung, -verwaltung und -zugänglichkeit ermöglicht. Dies schließt Plattformen für den gemeinsamen Datenaustausch und die Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit mit ein.
  • Internationale Kooperation: Lieferketten sind häufig global ausgerichtet. Um eine DPP befüllen zu können, bedarf es der internationalen Akzeptanz des EU DPP und der Kooperation über Ländergrenzen hinweg. Damit sollte eine Kommunikationskaskade für Akteure grenzüberschreitend aufgebaut und aktiv genutzt werden. 

Neben diesen Kernaspekten ist die Analyse des Target Operating Models (TOM) ein geeigneter Ansatz, um Anforderungen für ein nachhaltig funktionierendes Zusammenarbeitsmodell abzuleiten. Dabei sollten auch die Geschäftsstrategie sowie laufende Projekte bzw. Maßnahmen berücksichtigt werden:

Mit der Durchführung einer TOM-Analyse können für die Umsetzung des DPP zeitnah Abhängigkeiten zwischen Bereichen, sowie außerhalb des Unternehmens identifiziert werden. Außerdem können in Verzahnung mit Prozessen & Strukturen auch ablauf- bzw. aufbauorganisatorische Anpassungen abgeleitet und über einen strukturierten Transformationsplan umgesetzt werden.

Erfolgsfaktoren & Use Case für die Umsetzung des DPP

Die TOP5 Erfolgsfaktoren für den erfolgreichen Einsatz Digitaler Produktpässe sind:

  1. Hoher Grad an Digitalisierung im Herstellungs-/Produktionsprozesses sollte bereits umgesetzt sein, um Datenerhebung, -bereitstellung und -abruf sicherzustellen
  2. Frühzeitige Festlegung des strategischen Zielbildes und Ableitung von notwendigen Maßnahmen über das Target Operating Model
  3. Technologiestandards setzen und Vorgehensmodell definieren 
  4. Wertschöpfungs-übergreifende Zusammenarbeit forcieren und neue Kommunikationswege aufbauen
  5. Expertise und Know-How Transfer gewährleisten – im Unternehmen und gegenüber vor- und nachgelagerten Akteuren der Wertschöpfungskette

Daneben sind wir auf der Suche nach aktuellen Beispielen für die Umsetzung des DPP auf den Anbieter R-Cycle gestoßen, der einen offenen, weltweit anwendbaren und akzeptierten Rückverfolgungsstandard für Kunststoffprodukte bietet. Ein konkretes Beispiel zeigt, wie relevante Produktdaten einfach, standardisiert und über Unternehmensgrenzen hinweg über die Umsetzung eines DPP aggregiert werden können. Die in einem Deutschen KMU hergestellten und vertriebenen Pflanzentöpfe bestehen nicht nur zu mindestens 80 Prozent mechanisch recyceltem Kunststoff und sind gleichzeitig voll recyclingfähig – dank der DPP Lösung sind die Materialdaten zudem exakt nachvollziehbar [6].

Schlussbetrachtung:
Noch „grünere“ Kaufentscheidungen für Ihre Kunden!

Klar ist: Der digitale Produktpass sorgt für mehr Transparenz von grünen Produkten und gewinnt weiter an Relevanz. Dabei können sich die Erfolgsfaktoren im europäischen Raum erst durch Standardisierung und einheitliche Richtlinien für den Einsatz richtig entfalten.

Und das unserer Meinung nach Wichtigste: Sie ermöglichen mit dem DPP Ihren Kunden, noch „grünere“ Kaufentscheidungen zu treffen, die letztlich lineare durch zirkuläre Verbrauchsmuster ersetzen. Denn wer von uns würde es nicht vorziehen umweltfreundliche, kreislaufwirtschaftlich-orientierte und menschenrechtskonforme Produkte zu kaufen? Insofern wird der DPP auch zentrales Element Ihrer Kundenbeziehungen sein!


Sie stehen vor der Frage, welche Auswirkungen die EU-Ökodesign Verordnung für Sie haben könnte, oder wie Sie den DPP mit möglichst geringem Aufwand sicher umsetzen könnten?

Sprechen Sie uns an! Unsere Experten unterstützen Sie dabei, Ihren individuellen DPP Transformationspfad zu entwickeln.


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GASTBEITRAG AUS DEM BANKMAGAZIN: DIE REVOLUTION KOMMT

Gastbeitrag aus dem Bankmagazin: Die Revolution kommt

Autor:

Dr. Alexander Bethke-Jaenicke, Geschäftsführender Partner

Der Finanz- und Vorsorgebedarf von Bankkunden lässt sich immer präziser aus deren Daten ableiten. Mithilfe von Data Analytics und Künstlicher Intelligenz lassen sich konkrete Gesprächsanlässe ermitteln. Damit dreht sich der Retail-Vertrieb von einer primär Inbound-orientierten Welt in einen echten Outbound-Vertrieb.

Der Blick auf die wesentlichen Weiterentwicklungen im deutschen Retailbanking zeigt, dass – neben der immerwährenden Aufgabe, den Vertrieb zu mobilisieren – Digitalisierung und Omnikanal weiterhin die wohl prägendsten Aufgabenstellungen sind. Einerseits wird versucht, mehr Vorgänge an der Schnittstelle zum Kunden über vollständig digital aufgesetzte Prozesse abzufangen. Kundinnen und Kunden von Banken und Sparkassen können also sowohl Service- als teilweise auch Beratungsstrecken im Selbst-Service durchlaufen – zumindest theoretisch. Denn vielfach führt das reine Angebot digitaler Prozessstrecken, etwa im Kontext Service, nicht zwingend dazu, dass Kunden diese Prozesse dann auch finden, nutzen und sich somit im weitesten Sinne tatsächlich „selbst bedienen“.
Und auch wenn einige Branchenexperten an anderer Stelle aktuell einmal mehr die „Renaissance der Filiale“ ausrufen, so wissen Insider und Praktiker, dass es sich dabei vor allem um eine Renaissance von stationär erbrachter Serviceleistung handelt. Eine zweischneidige Renaissance also, wenn man bedenkt, dass bislang alle Konzepte, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den Kunden von Service in Sales zu drehen, nur von bescheidenem Erfolg gekrönt waren.

Andererseits setzt sich die Erkenntnis durch, dass in Bezug auf die Kanäle zu Kundinnen und Kunden mehr Pluralität angemessen ist: Vielerorts hat man sich in diesem Zusammenhang allerdings bereits von dem früher oft proklamierten Anspruch „für jeden Kunden jede Leistung zu jeder Zeit über jeden Kanal“ wieder entfernt. Denn dieser Anspruch war kaum realistisch oder ließ sich in einem bezüglich Profitabilität ohnehin engen Geschäftsfeld wie dem Retailbanking kaum wirtschaftlich abbilden. Trotz alledem wird wohl niemand (mehr) leugnen, dass für die klassischen, ehemals primär Filial-fokussierten Banken und Sparkassen das Erfordernis gegeben ist, ihrer Kundschaft über mehr als nur den Filialkanal Beratung und Abschlussmöglichkeiten anbieten zu können. Wobei sich zeigt, dass Kunden trotz Kanalvielfalt vor allem fallabschließende Prozesse im Sinne von „Thema erledigt“ präferieren und das Thema „Kanalwechsel innerhalb eines laufenden Prozesses“ aus Kundensicht in nur wenigen Fällen relevant ist.

Kontaktinitiierung wird weiterentwickelt

Im Ergebnis haben sich neue Wege für die Kundschaft zum Geldhaus und damit auch neue Wege vom Geldhaus zur Kundschaft etabliert, um in Kontakt treten zu können. Studien – im Rahmen der Customer Insights-Survey befragt Horn & Company mehrmals im Jahr über 2.000 Verbraucher zu ihrem Verhalten als Bankkunden – zeigen präzise auf, wie sich die Kanalnutzung bei der Interaktion zwischen Bank und Kunde künftig verändern wird. Die Analyse der Kanalaffinitäten (siehe Grafik) macht das eindrücklich klar: Kundinnen und Kunden steigern auch mit Blick auf die Situation in fünf Jahren weiterhin den Einsatz der digitalen Kanäle, wobei der Videotelefonie und dem Chat die stärksten Bedeutungszuwächse zuteilwerden dürften. Wichtig ist aber auch die Frage, welche Kanäle künftig die Institute nutzen möchten, um Kunden möglichst passgenau und treffsicher über Angebote und Lösungen für den Kundenbedarf zu informieren.

Die ambitionierten Häuser und Bankengruppen haben sich längst auf den Weg gemacht, um in der Kundenansprache nicht nur neue Kanäle zu nutzen, sondern grundsätzlich neue Wege zu gehen. Mithilfe umfassender Kundendaten werden für verschiedene Produkte und Bedarfscluster systematisch Affinitäten des Einzelkunden ermittelt, sofern dieser die Zustimmung dazu gibt. Auf Basis dieser qualifizierten Einschätzung lassen sich datengestützt die jeweils ideal passenden Ansprachethemen und somit konkrete Gesprächsanlässe ableiten. In Kombination mit Daten zu den Kosten einer Ansprache differenziert nach den verschiedenen Kanälen, der Abschlusswahrscheinlichkeit und dem Ertragspotenzial der jeweiligen Leistung bei Abschluss im Zeitablauf kann dann vorurteilsfrei und objektiv entschieden werden, über welchen Kanal welcher Anlass an die Kundin oder den Kunden ausgespielt wird.

Derartige Vorgehensweisen erweisen sich in der gelebten Praxis bereits heute als überlegen: So führt zwar auch hier nicht jeder aufgegriffene Anlass sicher zu einem Abschluss. Aber die Abschlussquoten der über Data Analytics ermittelten Anlässe schlagen in jedem Fall die herkömmlichen, eher expertenbasierten Ansätze. Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Algorithmen in Summe noch wenig trainiert sind und damit ihr volles Potenzial noch nicht entfalten.

Ebenso steht bereits die nächste Ausbaustufe der Algorithmen in den Startlöchern: Bisher ist die erwartete Affinität im Hier und Jetzt der entscheidende Faktor für die Anspracheentscheidung – eine Art datenbasierte Momentaufnahme. Damit sind die bisherigen Entscheidungen des Systems jedoch nur wenig von einer langfristigen Perspektive, zum Beispiel einem Customer Lifetime Value, geprägt. Aber auch dafür gibt es bereits Denkmodelle und konkrete Lösungsansätze, die auch Horn & Company derzeit gemeinsam mit Banken und Sparkassen entwickelt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die langfristigen Aspekte bei Auswahl und Priorisierung der Anspracheanlässe berücksichtigt werden können.

Berater tragen eine neue Verantwortung

Wenn Gesprächsanlässe in Zukunft mehr und mehr technologiebasiert kommen und nicht mehr von der Beraterin oder dem Berater selbst analysiert und erkannt werden müssen, dann hat das Einfluss auf das Stellenprofil der Mitarbeitenden im Bankvertrieb. Der vielleicht wesentlichste Aspekt dabei dürfte sein: Outbound, also die Kundenansprache auf Initiative der Bank oder Sparkasse, gewinnt an Bedeutung. Kundenbefragungen von Horn & Company spiegeln wider, dass genau das von einem Geldhaus erwartet wird: Qualifizierte und damit begründete Initiative des Beraters wird schon heute von vielen Kunden als Treiber für Kundenzufriedenheit bewertet – übrigens deutlich höher gewichtet als das Kriterium des persönlich bekannten Ansprechpartners im Institut. Der Berater muss vielmehr einen erkennbaren Mehrwert liefern.

Auf diese Outbound-Welt muss die Vertriebsorganisation vorbereitet sein, weil sich Rahmenbedingungen und Schwerpunkte im Vertrieb verändern. Einerseits dürften zumindest langfristig Themen wie Kundensegmentierung an Bedeutung verlieren beziehungsweise müssen gänzlich neu gedacht werden: Segmentierungsmodelle, bei denen im Ergebnis ein Berater eine Anzahl zu bearbeitender Kundenverbünde zugewiesen bekommt, um deren Belange er sich nach eigenem Ermessen bestmöglich kümmern soll, sind dann nicht mehr passend. Vielmehr wird Segmentierung endlich wirklich dynamisch und zu mehr als einem Sortiermodell eingehender Kundenanfragen, weil etwa die analysierten Anspracheaffinitäten Teil der Segmentierung selbst sind und – im Zielbild – eher die Anzahl zu bearbeitender Anlässe die Vertriebsaufgabe der Berater definiert, nicht die Anzahl der Kunden.

Andererseits ändert sich die Kernaufgabe der Beraterinnen und Beraterselbst. Sie müssen die identifizierten Vertriebsanlässe aufgreifen und durch ihre Beratungsleistung veredeln: Man darf künftig bei den datenbasiert ermittelten Anlässen sicher davon ausgehen, dass es eine grundsätzliche Anspracheberechtigung gibt. Dieses berechtigte Anliegen aber in das Bewusstsein des Kunden zu überführen, ihm Mehrwert bei der Schließung seiner Bedarfslücke zu verschaffen und ihn beratend und überzeugend auf seinem Weg zum Produktabschluss zu begleiten, werden die neuen Herausforderungen des Vertriebs.

Wer durch die neuen technischen Möglichkeiten eine Abwertung der Vertriebsaufgabe sieht, ist auf dem Irrweg. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Trotzdem wird vertriebliche Leistung auch aus Sicht der Vertriebssteuerung transparenter und besser bewertbar, die zu bearbeitende Vertriebsaufgabe besser kalkulierbar und der realisierte Vertriebserfolg bewertbar und vor allem: vergleichbar! Zudem kann eine Vertriebssteuerung künftig auch selbst unmittelbaren Einfluss auf den Vertriebserfolg nehmen – je nachdem, wie qualifiziert und stark die Affinitäten sind, die am Ende in Form eines Anspracheauftrags an den Vertrieb ausgespielt werden. Die benötigte Vertriebsressource ist dann nicht länger bestimmt von reinen Mengenvariablen, sondern auch von qualitativen Aspekten, die exogen vorgegeben werden können. Dann wäre Vertrieb eine mathematisch berechenbare Vertriebsgleichung, deren Optimum es zu finden gilt.

Aber seien wir ehrlich: So weit wird es nicht kommen. Denn Tatsache ist auch: Die Qualität von Data Analytics ist immer nur so gut wie die Daten, die zugrunde gelegt werden können. Hier ist vielerorts noch ein weiter Weg zu gehen. Und nicht wenige Banken und Sparkassen arbeiten bereits mit Beratungshäusern an Initiativen, um Umfang und Qualität der Datenbasis systematisch zu professionalisieren. Die angekündigte Revolution im Retail-Vertrieb kommt in der Praxis dann also doch eher schleichend daher. Aber sie kommt, das ist sicher!

Erschienen in Bankmagazin 6/2024


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Microsoft Power Plattform: Echter Game-Changer zur Digitalisierung ERP-naher Geschäftsprozesse?

Microsoft Power Platform: Echter Game-Changer zur Digitalisierung ERP-naher Geschäftsprozesse?

Ihre Ansprechpartner:

  • Dr. Christoph Seebach, Associate Partner
  • Dr. Sergej Herrmann, Principal
    • Dr. Oliver Laitenberger, Geschäftsführender Partner

    Jeden Tag hören wir von der Notwendigkeit der Digitalisierung und wie sie unser tägliches Geschäft revolutioniert. So weit, so gut. Doch die wahre Herausforderung liegt nicht in der Erkenntnis, dass wir digitalisieren müssen, sondern in der tatsächlichen Umsetzung dieser Transformation. Viele Verantwortliche stehen vor strategischen und operativen Hürden, wenn es darum geht, hochindividuelle, unternehmensspezifische Prozesse in ein bestehendes ERP-System zu integrieren.

    Früher war die Devise klar: Wir passen das ERP-System aufwendig an unsere Prozesse an. Heute jedoch hat sich das Blatt gewendet. Die neue Strategie lautet: „Wir bleiben prozessual nah am Standard des ERP-Systems.“ Warum dieser Wandel? Individualisierungen erfordern mehr als nur Customizing; sie benötigen spezifische Programm-Codes. Dies führt nicht nur zu höheren Anpassungskosten, sondern auch zu längeren Bereitstellungszeiten und dauerhaft erhöhtem Wartungsaufwand. Hinzu kommen Risiken für Systemstabilität, Skalierbarkeit und Kompatibilität mit zukünftigen Upgrades. Viele Unternehmen machen diese negativen Erfahrungen gerade beim Upgrade auf Microsoft Business Central oder SAP S4 Hana.

    Aber bedeutet das nun, dass individualisierte Geschäftsprozesse und Nähe zum ERP-Standard nicht zusammengehen? Keineswegs! Hier kommt die Microsoft Power Plattform ins Spiel. Besonders interessant für Unternehmen, die bereits auf Microsoft Office oder Teams setzen, bietet diese Plattform eine Lösung für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen, ohne den ERP-Standard zu verbiegen.

    In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, was die Power Platform kann, welche Vorteile sie bietet und wie Sie den Einstieg in die Prozessdigitalisierung mit dieser Plattform erfolgreich meistern können. Lassen Sie uns gemeinsam diese Reise antreten und die Möglichkeiten entdecken, die vor uns liegen. Willkommen in der Zukunft der digitalen Transformation!

    Die Power Platform ist eine umfangreiche „Tool-Suite“ für diverse Anwendungsfälle

    Mit der Power Platform offeriert Microsoft ein vielseitiges und umfangreiches Gesamtpaket zur Prozessdigitalisierung. Dies ist insbesondere attraktiv für Unternehmen, die bereits im Microsoft „Universum“ mit Dynamics 365, Office oder anderen Microsoft Produkten unterwegs sind, oder solchen, die gerade vor einem Upgrade, z.B. vom Vorgängerprodukt „NAV“ auf Business Central stehen.  So kommt die Plattform mit einer ganzen Suite an Tools daher, um Geschäftsprozesse mit hoher Effizienz und Flexibilität zu digitalisieren.

    Mit den Komponenten: „Power Apps“, „Power Automate“, „Power BI“, „Power Virtual Agents“ sowie dem sogenannte „Dataverse“ wird ein umfassendes, in sich und mit Microsoft Produkten integriertes Ökosystem zur Automatisierung und Analyse von Geschäftsabläufen sowie Entwicklung und Bereitstellung benutzerdefinierter Geschäftsanwendungen bereitgestellt.

    • Power Apps: Ermöglichen die Erstellung benutzerdefinierter „Low“-/„No-Code“-Apps mit intuitiven Benutzeroberflächen und Funktionen. Hierbei können die Apps über das Microsoft Dataverse nahtlos mit vorhandenen Datenquellen integriert werden, ohne dass umfangreiche Programmierarbeiten erforderlich sind (Low-Code-Konzept). Dies funktioniert besonders gut mit den Dynamics 365 Geschäftsanwendungen Business Central und CRM und anderen Digital Workspace Produkten von Microsoft wie z.B. Teams, Microsoft 365, Office oder Outlook.
    • Power Automate: Früher bekannt als Microsoft Flow, automatisiert Power Automate wiederkehrende Aufgaben und Workflows über mehrere Anwendungen und Dienste hinweg. Es bietet eine umfangreiche Auswahl an Konnektoren, die eine nahtlose Integration mit verschiedenen (ERP-)Systemen ermöglichen und somit die Orchestrierung komplexer Geschäftsprozesse ohne individuelle Codierung ermöglichen.
    • Power BI: Ermächtigt Benutzer, Daten aus verschiedenen Quellen durch interaktive Dashboards und Berichte zu visualisieren und zu analysieren. Durch direkte Verbindung zum Microsoft Dataverse, anderen ERP-Datenbanken oder Data Warehouses ermöglicht Power BI Organisationen, handlungsrelevante Einblicke in ihre Geschäftstätigkeit zu gewinnen, Trends zu identifizieren und fundierte Entscheidungen in Echtzeit zu treffen.
    • Power Virtual Agents: Ermöglicht es Organisationen, KI-gesteuerte Chatbots zu erstellen, die Kundeninteraktionen und Supportanfragen automatisieren. Diese Chatbots können mit ERP-Systemen verbunden werden, um einen sofortigen Zugriff auf Informationen zu ermöglichen, Selbstbedienungstransaktionen zu erleichtern und die gesamte Kundenerfahrung zu verbessern.
    • Dataverse: das Dataverse ist die zentrale Datenplattform für alle Anwendungen der Power Platform. Auf dieser Basis kann eine integrierte, skalierbare und sichere Gesamtlösung insbesondere auch mit den Geschäftsanwendungen Business Central und CRM geschaffen werden und es müssen keine separaten Schnittstellen individuell programmiert werden.

    Mit der Nutzung der Power Platform können Unternehmen in vielerlei Hinsicht profitieren

    Mit den vorhandenen Tools aus der Power Platform lassen sich ERP-Geschäftsprozesse einfach und schnell digitalisieren. Eine enge Verzahnung mit dem ERP-System stellt sicher, dass hier kein „Verbiegen“ des ERP-System-Standards erforderlich ist. Der Vorteil: Die Integration erfolgt für den Endbenutzer unsichtbar.

    Darüber hinaus profitieren Unternehmen insbesondere von …

    • … einer kurzen Umsetzungsdauer: Der „Low-„/“No-Code“-Ansatz von Power Apps und Power Automate ermöglicht es, benutzerdefinierte Lösungen in einem Bruchteil der Zeit zu erstellen und bereitzustellen, die für „traditionelle“ Entwicklungsmethoden und Programmierung erforderlich sind.
    • hoher Kosteneffizienz: Durch das Minimieren von „echter“ Programmierung und dem damit verbundenen Reduktionspotential insbesondere externer IT-Spezialisten können Organisationen die Gesamtbetriebskosten im Zusammenhang mit Digitalisierungsinitiativen erheblich senken und gleichzeitig die Investitionsrendite maximieren.
    • … potentiell niedrigeren Lizenzkosten: Durch das Auslagern von Prozessen aus dem ERP-System lässt sich in vielen Fällen der ERP-Lizenzbedarf senken. Denn, der Großteil der Mitarbeiter nutzt meist nur einen sehr kleinen Teil der ERP Funktionalitäten, benötigt jedoch dennoch hierfür eine meist recht teure ERP Lizenz.
    • … einer Senkung des Umsetzungsrisikos: Die Out-of-the-Box-Konnektoren und Vorlagen, die von der Power Platform bereitgestellt werden, minimieren das Risiko von Fehlern und gewährleisten die Kompatibilität mit bestehenden Systemen sowie bei Upgrades, wodurch die Zuverlässigkeit, Stabilität und Sicherheit der Gesamtarchitektur verbessert werden.
    • höherer Unabhängigkeit: Die intuitive Benutzeroberfläche und das benutzerfreundliche Design der Power Platform ermöglichen es technisch affinen Geschäftsanwendern, die Digitalisierung der eigenen Prozesse selbst in die Hand zu nehmen. So ist es zumindest bei kleineren Umsetzungsthemen nicht mehr zwingend erforderlich diese bei der eigenen IT-Organisation oder einem externen Dienstleister zu beauftragen. Dies schafft Geschwindigkeit und reduziert Kosten.
    • hoher Flexibilität und Skalierbarkeit: Die modulare Struktur der Power Platform ermöglicht es, erst einmal klein anzufangen und digitale Initiativen nach Bedarf schrittweise auszubauen, ohne den Betrieb zu stören.

    Aller Anfang ist LEICHT: wie Unternehmen mit der Power Platform durchstarten können

    Welcher Einstieg in die Prozessdigitalisierung mit der Power Platform der Richtige ist, hängt von der Beantwortung von wenigen Fragen ab. (1) Wie hoch ist der Handlungsdruck? (2) Welches Vorwissen ist in der Organisation vorhanden? (3) Nutzt das Unternehmen bereits Cloud-Services von Microsoft?

    Losgelöst davon, empfiehlt sich ein Vorgehen entlang der folgenden sechs Schritte:

    1. Power Platform Kennenlernen

    Unternehmen sollten sich zunächst mit den verschiedenen Komponenten der Power Platform vertraut machen, insbesondere mit Power Apps (z.B. „Canvas“- und „Model-Driven“-Apps) und Power Automate. Diese werden am häufigsten für die Digitalisierung von Prozessen verwendet. Durch das Verständnis der Funktionen und Möglichkeiten dieser Tools können Unternehmen besser einschätzen, welche Prozesse sinnvoll mit der Power Platform außerhalb der klassischen ERP-Systeme umgesetzt werden können.

    2. Geschäftsprozesse identifizieren

    Im zweiten Schritt gilt es dann manuelle oder ineffiziente Prozesse zu identifizieren und zu priorisieren, die für eine Automatisierung oder Digitalisierung in Frage kommen. Dies können beispielsweise Genehmigungsworkflows, Datenerfassungsformulare oder Berichtsprozesse sein, die bisher nur auf Papier basieren oder bislang nur als Individualentwicklung in einem ERP-System umgesetzt sind. Damit eröffnet sich dann auch neuer gestalterischer Spielraum, wenn es im Zuge eines Upgrades von Microsoft NAV auf Business Central darum geht, in Zukunft näher am Standard zu sein und Prozesse herauszulösen, die aktuell im ERP System individuell abgebildet sind.

    3. Anforderungen identifizieren

    Basierend auf den Geschäftsprozessen können dann Anforderungen zur Umsetzung mit der Power Platform abgeleitet werden. Hierbei ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen und Ziele zu treffen, um den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen.

    4. Prototypen bauen

    Auf Basis der priorisierten Geschäftsprozesse und den Anforderungen können dann zunächst Prototypen von Power Apps oder Power Automate-Workflows erstellt werden. Damit lassen sich Tests durchführen, wie die Power Platform in der Praxis funktioniert und wie gut sie sich in die bestehenden Abläufe integrieren lässt. Diese Prototypen können auch dazu dienen, Feedback von den Benutzern einzuholen und die Lösungen entsprechend anzupassen.

    5. Piloten implementieren

    Nach erfolgreicher Validierung der Prototypen kann die Pilotimplementierung der Power Platform-Lösungen in ausgewählten Bereichen oder Abteilungen beginnen. Dabei ist es wichtig, den Fortschritt und die Leistung der implementierten Lösungen kontinuierlich zu überwachen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.

    6. Power Platform skalieren

    Ist die Pilotierung erfolgreich verlaufen, können die Power Platform-Lösungen dann auf weitere Bereiche oder Abteilungen ausgeweitet und schrittweise im gesamten Unternehmen ausgerollt werden. Dabei ist es wichtig, die Mitarbeiter entsprechend zu schulen und zu unterstützen, um sicherzustellen, dass sie die neuen Tools effektiv nutzen können.

    Durch diesen schrittweisen und pragmatischen Umsetzungsansatz wird die Organisation mit den Möglichkeiten der Nutzung der Power Platform sukzessive vertraut gemacht, sodass die digitale Transformation der Geschäftsprozesse von der eigenen Organisation selbstständig vorangetrieben werden kann.

    Grundsätzlich empfiehlt sich die Unterstützung durch erfahrende Experten. Wir von Horn & Company analysieren Ihre Geschäftsprozesse und erstellen ein maßgeschneidertes Konzept für die Digitalisierung mit Power Platform und ERP-System. Neben Analyse und Konzeption stellen wir auch Umsetzungs-Manpower aus unserem Beratungs-Ökosystem bereit.


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    Principle Adverse Impact (PAI) Statements auf Unternehmensebene – Kurz erklärt

    Principle Adverse Impact (PAI) Statements auf Unternehmensebene – Kurz erklärt

    Autoren:

    • Dr. Torsten Költzsch, Horn & Company (Zürich)
    • Moritz Keilhauer, Horn & Company (Frankfurt)

    Hintergrund

    Die auch als Offenlegungsverordnung bezeichnete Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) ist Teil des EU Action Plan on Financing Sustainable Growth und des EU Sustainable Finance Frameworks. Sie verfolgt zusammen mit anderen Verordnungen und Direktiven das Ziel der EU, private Investitionen und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden (siehe auch: Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – Kurz erklärt).

    Finanzdienstleister im Anwendungsbereich der SFDR mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen dazu unter anderem auf ihrer Internetseite eine „Erklärung zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ veröffentlichen (Principle Adverse Impact – PAI). Für Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern besteht weiterhin ein Wahlrecht. Die erstmalige Veröffentlichung erfolgte zum 30.06.2023 für das Geschäftsjahr 2022, seitdem ist eine jährliche Aktualisierung erforderlich.

    Derzeitige Anforderungen an die PAI-Erklärung auf Unternehmensebene

    Die Anforderungen ergeben sich aus Artikel 4 der SFDR (Verordnung (EU) 2019/2088) und Artikel 4 bis 10 der RTS (technische Regulierungsstandards, Verordnung (EU) 2022/1288). Insbesondere müssen die Struktur und die Vorgaben aus Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 eingehalten werden. Angaben zu nachteiligen Auswirkungen bezogen auf vorgegebene Nachhaltigkeitsindikatoren sind in tabellarischer Form darzustellen. Beispiele sind Informationen zu Treibhausgasemissionen (etwa Emissionen in Tonnen CO2-Äquivalente oder als Intensität bezogen auf den Umsatz) oder Informationen zu Biodiversität, Wasser, Abfall und über Soziales und Beschäftigung. Die Darstellung erfolgt in aggregierter Form für alle Unternehmen, in die investiert wird. Zusätzlich zu den Werten für das Berichtsjahr und das Vorjahr (in der ersten Veröffentlichung entfallen Zahlen zum Vorjahr) sind Informationen über “Ergriffene und geplante Maßnahmen und Ziele für den nächsten Bezugszeitraum” zu veröffentlichen. Ergänzend sind die Strategien zur Feststellung und Gewichtung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die Mitwirkungspolitik (Engagement Policies) und Angaben zur Bezugnahme auf international anerkannte Standards zu beschreiben.

    Untersuchung ausgewählter PAI-Erklärungen und erste Erkenntnisse

    Aus Anlass der erstmaligen Veröffentlichung von PAI-Erklärungen auf Unternehmensebene zum 30.06.2023 untersuchte Horn & Company die Erklärungen von unterschiedlichsten Finanzdienstleistern aus der EU, der Schweiz sowie Liechtenstein. Beispiele finden sich in der nachfolgenden Übersicht:

    Da es sich um die erstmaligen Erklärungen handelt, werden noch keine historischen Vergleichswerte ausgewiesen. Trends oder Angaben zur Wirksamkeit von ergriffenen Maßnahmen innerhalb eines Instituts können zum jetzigen Zeitpunkt somit noch nicht beobachtet werden.

    Trotzdem lassen sich erste Erkenntnisse gewinnen:

    • Im Vergleich zwischen den verschiedenen Erklärungen fallen Unterschiede beim Detaillierungsgrad auf. Dies kann ein Hinweis auf die unterschiedlichen Erfahrungslevel der jeweiligen Finanzdienstleister sein, etwa in Bezug auf die Integration von ESG bzw. den spezifischen PAIs in den Investment- und Anlageprozess oder der Gestaltung von nachhaltigen Finanzprodukten.
    • Übergreifend wird deutlich, dass die Datenverfügbarkeit weiterhin eine Herausforderung darstellt. Dies gilt auch für Institute, die Daten von mehreren Datenprovidern beziehen. Während Daten betreffend CO2-Emissionen gut verfügbar scheinen (mit teils über 90 % Datenverfügbarkeit für die Unternehmen, in die investiert wird), gehören „8. Emission in Wasser“, „9. Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle“ oder „12. Unbereinigtes geschlechtsspezifisches Verdienstgefälle“ zu den Nachhaltigkeitsfaktoren mit der schlechtesten Datenverfügbarkeit. Die Verfügbarkeit beträgt teilweise weniger als 10 %.
    • Ebenso ist eine Zurückhaltung zu beobachten, mehr als die geforderten Informationen zu liefern. Aus den Tabellen 2 und 3 im Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 müssen die berichtenden Finanzdienstleister jeweils mindestens einen weiteren Nachhaltigkeitsfaktor auswählen. Nur wenige der untersuchten Finanzdienstleister gehen über die Mindestanforderung hinaus.

    Herausforderungen & Chancen

    Die Herausforderungen der SFDR für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater bleiben hoch. Dies bezieht sich derzeit zuallererst auf die Frage, ob und in welcher Form die PAI Erklärungen auf Unternehmenseben fortbestehen werden. Im Dezember 2023 haben die ESAs (European Supervisory Authorities) ihren Report mit Anpassungsvorschlägen für die RTS (Level 2) vorgelegt. Bisher haben diese jedoch noch nicht zu Anpassungen geführt. Ein möglicher Grund dafür ist, dass bis Mitte Dezember 2023 die EU Kommission die „Targeted consultation on the implementation of the SFDR“ durchführte, bezogen auf Level 1. Ziel der Konsultation ist es die Anwendbarkeit und Geeignetheit der SFDR insgesamt zu überprüfen. Insoweit erscheint es sinnvoll, wenn Anpassungen an Level 1 und 2 zeitlich Hand in Hand gehen. Zum jetzigen Zeitpunkt, im Mai 2024, hat die Kommission jedoch erst eine Zusammenfassung der Rückmeldungen veröffentlich. Informationen über mögliche Anpassungen an Level 1 und 2 müssen insoweit abgewartet werden.

    Angenommen die Anforderungen an Struktur und Inhalt der PAI Statements auf Unternehmenseben bleiben im Wesentlichen unverändert, bestehen weiterhin Herausforderungen hinsichtlich Datenverfügbarkeit und -qualität. Diese werden sich im Zeitablauf verbessern, sobald Unternehmen gemäß EU CSRD oder IFRS ISSB berichten. Auch wenn Unternehmen nach CSRD lediglich über die Nachhaltigkeitsthemen berichten müssen, die für sie materiell sind, werden sich bestehende Datenlücken schließen, da heute grundsätzlich auch die Information fehlt, ob ein Thema wie „Biodiversität“ für ein Unternehmen materiell ist oder nicht.

    Noch bedeutsamer erscheint, dass ab dem zweiten und jedem zukünftigen Bericht ein quantitativer und qualitativer Vergleich mit dem Vorjahr des jeweiligen Finanzdienstleisters möglich wird. Im Abschnitt „Historischer Vergleich“ ist sogar auf die Entwicklung über die letzten fünf vorangegangenen Zeiträume einzugehen. Mögliche Schwachstellen – hinsichtlich „Steuerung“ auf Basis von Nachhaltigkeitsfaktoren – in der eigenen Methode zur ESG-Beurteilung von Unternehmen und Staaten oder in den eigenen Investmentstrategien könnten dann erkennbar werden. Anschließend könnten sie von Kunden oder anderen Stakeholdern kritisch hinterfragt werden. Spätestens dann werden die Finanzdienstleister liefern müssen, um ihre Reputation nicht zu beeinträchtigen.

    Horn & Company unterstützt Finanzdienstleister bei allen SFDR-Anforderungen: von der Integration von ESG in den Investitionsentscheidungsprozess, über die Anpassung von Anlagestrategien, die Identifikation von nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen bis hin zur Offenlegung. Darüber hinaus begleiten wir unsere Kunden bei der wirksamen Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsambitionen von der Strategie bis hin zu operativen Maßnahmen.

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    Dekarbonisierung in Unternehmen – kurz erklärt

    Dekarbonisierung in Unternehmen – kurz erklärt

    Autoren: 

    • Dr. Markus Hein, Berater
    • Sven Hechemer, Senior Manager

    Hintergrund

    Die zunehmende Priorisierung nachhaltiger Zielsetzungen in Politik und Gesellschaft schlägt sich auch in der Wirtschaft nieder und stellt Unternehmen vor unmittelbaren Handlungsbedarf.

    Durch den Green Deal Industrial Plan, den Net-Zero Industry Act und das Fit-for-55-Paket, legt die Europäische Kommission einen klaren Fokus auf die nachhaltige Transformation der Industrie. Schließlich ist diese maßgeblich für Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.

    Um die drastischen Folgen der globalen Erwärmung einzudämmen, hat Deutschland das Ziel, bereits 2045 treibhausgasneutral zu werden, Österreich bis 2040 und die Europäische Union bis 2050.

    Unternehmen stehen in dieser Gemengelage durchaus unter Handlungsdruck. Neben äußeren Zwängen, die sich aus ESG-Vorschriften wie der CSRD ergeben, steigen die Kosten für Energie und den CO2-Ausstoß, während geopolitische Unsicherheiten ebenfalls ihre Auswirkungen zeigen. Zusätzlich zu diesen externen Faktoren stehen Unternehmen auch vor internen Herausforderungen wie der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und den wachsenden Erwartungen der Gesellschaft, der Mitarbeiter und der Kunden an nachhaltiges Handeln.

    Abbildung: Interne und externe Faktoren der Dekarbonisierung

    Folglich ist es für Unternehmen ratsam, ihre gesamte Wertschöpfungskette, einschließlich der Nutzung ihrer Produkte und Dienstleistungen, verstärkt auf Dekarbonisierung auszurichten.

    Die Science Based Target Initiative (SBTi) und das Carbon Disclosure Project (CDP) unterstützen dieses Bestreben, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die SBTi zielt darauf ab, Unternehmen bei der Festlegung wissenschaftlich fundierter Ziele zur Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen zu unterstützen. Im Gegensatz dazu ermutigt das CDP als unabhängige Non-Profit-Organisation Unternehmen, Städte, Regierungen und Investoren, Umweltdaten offenzulegen. Die Zusammenarbeit mit diesen Organisationen bietet die Möglichkeit, Dekarbonisierungsanstrengungen messbar zu machen, öffentlich zu positionieren und damit auch verbindlich zu gestalten. Dies erzeugt einerseits spürbaren Handlungsdruck, bietet aber auch nachweislich Vorteile für die Umwelt und im Wettbewerbsumfeld.

    Typische Dekarbonisierungshebel

    Zum Klimaschutz kann in verschiedenen Branchen auf durchaus unterschiedliche Weise beigetragen werden. Dabei ist es notwendig und sinnvoll, konkrete Dekarbonisierungskonzepte umzusetzen. Der Handlungsrahmen hierfür ist überaus vielschichtig und individuell, je nach Geschäftsmodell, Produktportfolio und Technologieeinsatz.

    • Energietransformation: Der Einsatz von erneuerbaren Energien wie Solar-, Wind- und Geothermie-Energie ist ein zentraler Hebel zur Dekarbonisierung. Durch den Ausbau nachhaltiger Energiequellen können Unternehmen ihren eigenen sauberen Strom erzeugen und somit ihren CO2-Fußabdruck signifikant reduzieren. Hierdurch können vor allem Scope-1- und -2-Emissionen, also direkte und indirekte Emissionen aus eigenen Energieaktivitäten, beeinflusst werden.
    • Energieeffizienz: Die Optimierung von Energieverbräuchen spielt in der Industrie eine entscheidende Rolle und bietet große Potentiale zur Emissionsreduktion. Durch effizientere Fertigungsprozesse, wirksame Gebäudedämmung, energieeffiziente Geräte und Transportmittel, lassen sich Emissionen in allen drei Scopes deutlich verringern.
    • Entkarbonisierung industrieller Prozesse und Geschäftsmodellanpassung: Die Umstellung auf kohlenstoffarme oder -freie Produktionsverfahren sowie die Förderung von Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz, sind wichtige Aspekte im Bereich der Dekarbonisierung. Dies betrifft nicht nur die direkten Emissionen (Scope 1), sondern auch die indirekten Emissionen entlang der gesamten vor- und nachgelagerten Aktivitätenkette (Scope 3).
    • Carbon Capture, Utilization & Storage (CCUS): Mithilfe dieser Technologien werden CO2-Emissionen aus Industrieprozessen abgeschieden und teilweise unterirdisch gespeichert oder anderweitig als Rohstoff genutzt. Diese Technologien können als Ergänzung zur direkten Emissionsreduktion dienen und sind insbesondere in Branchen mit schwer zu vermeidenden Emissionen relevant.
    • Offsetting: Durch den Erwerb von Kompensationszertifikaten kann der CO2-Ausstoß kompensiert werden. Auch durch Investitionen in Projekte zur CO2-Kompensation kann ein Ausgleich von unvermeidbaren Emissionen unterstütz werden. Grundsätzlich wird das Offsetting zur Dekarbonisierung als „least preferred“ betrachtet, kann jedoch in einigen Fällen eine besondere Rolle einnehmen, insbesondere wenn alle anderen Optionen zur Emissionsreduktion erschöpft sind.
    • Integration von Nachhaltigkeit in der Lieferkette: Eine Herausforderung liegt vor allem in der Umgestaltung von Lieferketten, um auch indirekte Emissionen (Scope 3) effektiv zu verringern. Unternehmen können durch die Identifizierung nachhaltiger Lieferanten und die Zusammenarbeit mit diesen, eine signifikante Reduzierung der Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erzielen.
    • Implementierung von CO2-Managment- und Reporting-Systemen: Durch den Einsatz von internen Systemen zur Überwachung, Messung und Berichterstattung über die CO2-Emissionen können Unternehmen ihre Emissionsquellen identifizieren, Ziele zur Emissionsreduzierung festlegen und die eigenen Fortschritte in diesem Bereich verfolgen.
    • Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation: Unternehmen können ihre Bemühungen zur Dekarbonisierung transparent kommunizieren und das Bewusstsein für ihre Nachhaltigkeitsziele und -initiativen sowohl intern als auch extern stärken. Dies kann dazu beitragen, das Engagement der Stakeholder zu erhöhen und das Image des Unternehmens als verantwortungsbewusster Akteur im Kampf gegen den Klimawandel zu stärken.

    Insgesamt erfordert die Dekarbonisierung eine gesamtheitliche und strukturierte Herangehensweise, die alle drei Scopes berücksichtigt und auf verschiedenen Ebenen ansetzt. Die Herausforderungen liegen nicht nur in der technologischen Umsetzung, sondern auch in der Transformation von Geschäftsmodellen, Politik und Gesellschaft, um einen nachhaltigen Wandel zu ermöglichen.

    Herausforderungen für Unternehmen

    Die Dekarbonisierung der Wirtschaft ist eine der wichtigsten Transformationsaufgaben unserer Zeit. Ihr mitunter disruptiver Charakter birgt jedoch eine Reihe von Herausforderungen.

    Für viele Unternehmen stellt die Erfassung von Treibhausgasemissionen eine erhebliche Hürde dar. Dies liegt daran, dass nicht nur die direkt verursachten und kontrollierten Scope-1-Emissionen berücksichtigt werden müssen. Ebenso müssen die indirekten Scope-2-Emissionen, die durch den Energieverbrauch entstehen, sowie die Scope-3-Emissionen aus den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungs- und Nutzungsstufen erfasst werden. Letztere machen in der Regel den größten Teil der Treibhausgasemissionen eines Unternehmens aus, sind jedoch gleichzeitig am schwierigsten zu erfassen.

    Eine weitere Herausforderung liegt in den Kosten für die Dekarbonisierung. Viele Maßnahmen hierzu erfordern mitunter erhebliche Investitionen, sei es beim Aufbau und Einsatz von erneuerbaren Energiequellen, die Implementierung von energieeffizienten Technologien oder die Anpassung von Produktionsprozessen. Insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen, können derlei Investitionen eine finanzielle Belastung darstellen. Zudem bergen neue Dekarbonisierungstechnologien häufig Unsicherheiten, weil diese noch nicht ausgereift oder wirtschaftlich nicht nachweislich tragfähig sind. Einfluss auf die Investitionsbereitschaft zur Dekarbonisierung haben zudem konsistente regulatorische und ordnungspolitische Rahmenbedingungen, um belastbare, langfristige Strategien zur Dekarbonisierung zu entwickeln und umzusetzen.

    Die Umstellung auf nachhaltigere Geschäftsmodelle und Praktiken erfordert oft tiefgreifende Veränderungen in der Unternehmenskultur und im Verhalten der Mitarbeitenden. Dies kann bedeuten, dass lang etablierte Arbeitsweisen und Prozesse überdacht und neu gestaltet werden müssen, um den Anforderungen der Dekarbonisierung gerecht zu werden.

    Derlei Veränderungen können auf verschiedenen Ebenen auf Ablehnung stoßen. Mitarbeitende könnten besorgt auf Auswirkungen auf ihre Arbeitsplätze oder persönlichen Zuständigkeiten reagieren. Mitunter fehlt auch das Verständnis für die Dringlichkeit und den langfristigen Nutzen nachhaltiger Praktiken. Zusätzlich dazu könnten bestehende Hierarchien und Machtdynamiken in Unternehmen den Wandel erschweren, wenn Führungskräfte nicht vollständig hinter den Dekarbonisierungszielen stehen oder die erforderliche Unterstützung und Ressourcen verwehren.

    Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist es entscheidend, dass Unternehmen gezielte Maßnahmen ergreifen, um den Widerstand gegen Veränderungen zu überwinden. Dazu gehören transparente Kommunikation über die Notwendigkeit und die Vorteile der Dekarbonisierung, die Einbindung der Mitarbeitenden in den Prozess der Umgestaltung sowie die Bereitstellung von Schulungen und Ressourcen, um die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln. Es ist ebenso wichtig, eine unterstützende Unternehmenskultur zu schaffen, die Innovation und Experimentieren fördert, um neue Wege zur Dekarbonisierung zu finden und umzusetzen.

    Dekarbonisierung mit Strategie

    Die dargestellten Herausforderungen zeigen, dass Dekarbonisierung ein komplexer und auch langwieriger Prozess sein kann, der nur durch sorgfältige Planung, Investitionen und einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit erfolgreich umgesetzt werden kann.

    Für einen entsprechenden Umsetzungsplan ist zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme des aktuellen CO2-Fußabdrucks im Rahmen einer ganzheitlichen Scope-1-, -2- und -3-Betrachtung durchzuführen. Somit lassen sich Emissionsquellen, „Hot-Spots“ und Dekarbonisierungsschwerpunkte identifizieren.

    In einem nächsten Schritt sollten quantifizierbare und erreichbare Ziele zur Dekarbonisierung festgelegt werden. Hilfreich bei Zielfestlegungen ist z.B. die Orientierung an den Vorgaben der SBTi, um fundierte und vergleichbare Werte zu bestimmen.

    Anhand der Bestandsaufnahme und der Zielfestlegung erfolgt im nächsten Schritt die Identifizierung von Handlungsfeldern, die wiederum die Grundlage zur Entwicklung einer Dekarbonisierungsstrategie ist. Diese Strategie sollte klare Maßnahmen, Zeitpläne, Verantwortlichkeiten und Ressourcenallokationen umfassen. Die Strategie kann dabei die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz, die Optimierung der Lieferketten, die Förderung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen oder auch eine konkrete Technologie-Roadmap beinhalten.

    Bei der Umsetzung der Dekarbonisierung spielt zuletzt die Überwachung und Berichterstattung eine entscheidende Rolle. Regelmäßige Überprüfungen und Berichte helfen dabei, den Erfolg der Strategie zu bewerten, den Fokus auf die wichtigsten Handlungsfelder zu legen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Mithilfe einer transparenten Kommunikation über die Dekarbonisierungsziele und -fortschritte kann das Vertrauen von Stakeholdern gewonnen und das Image des Unternehmens als verantwortungsbewusster Akteur im Kampf gegen den Klimawandel wahrgenommen werden.

    Abbildung: Dekarbonisierung mit Strategie

    ConMoto und Horn & Company haben umfassende Erfahrung bei der Begleitung von unternehmerischen ESG-Transformationsprozessen. Unsere Expertise erstreckt sich über das gesamte Spektrum, von der Entwicklung allgemeiner Nachhaltigkeitsstrategien bis hin zur konkreten Umsetzung von Dekarbonisierungsmaßnahmen. Mit unserer Unterstützung legen wir Ihren passenden Umsetzungsplan zur Dekarbonisierung fest und helfen Ihnen dabei, Ihre Dekarbonisierungsstrategie zu verwirklichen. Wir haben Ihr Interesse geweckt und Sie möchten noch mehr zum Thema Dekarbonisierung erfahren? Dann kontaktieren Sie uns gerne direkt.


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